Wandel als Chance:
Was Fachmedien heute erfolgreich macht – Einblicke von den B2B Media Days 2025
Wie können Fachverlage in einer Welt der schnellen technologischen Veränderungen und der unsicheren Rahmenbedingungen erfolgreich bleiben? Welche Strategien helfen, Zielgruppen zu binden, neue Formate zu entwickeln und Märkte zu erschließen? Und wie gelingt es, den Spagat zwischen Innovation, Qualität und Wirtschaftlichkeit zu meistern? Antworten auf diese Fragen boten die B2B Media Days 2025 – Kongress der Deutschen Fachpresse.
Am 22. Mai versammelten sich rund 300 Fachmedienmacher:innen in der Berliner Kulturbrauerei, um praxisnahe Einblicke, Inspiration und wertvolle Kontakte zu gewinnen. Der Kongress stand auch in diesem Jahr im Zeichen der voranschreitenden Transformation: Künstliche Intelligenz, neue Geschäftsmodelle und der Wandel der Unternehmenskultur prägten die Diskussionen. Neben inspirierenden Vorträgen bot die Veranstaltung Raum für intensives Networking und den fachlichen Austausch. Den Abschluss bildeten die feierliche Verleihung der Branchenawards “Fachmedium des Jahres 2025” und “Fachjournalist:in des Jahres 2025” der Deutschen Fachpresse und die B2B Media Night.
Das Thema künstliche Intelligenz ist in der Branche stärker denn je präsent und zog sich durch nahezu alle Programmpunkte der B2B Media Days 2025, wie auch Moderatorin Julia Nestlen betonte. Aber auch andere Themen waren relevant: So ging es unter anderem um die Rolle der Fachmedien für Demokratie und Gesellschaft, um Transformationsprozesse in (Familien-) Unternehmen, um Rebranding, um neue Geschäftsmodelle, um neue Technologien und nicht zuletzt um das Scheitern als Chance zur Weiterentwicklung.
Holger Knapp, Sprecher der Deutschen Fachpresse und Geschäftsführer von Sternefeld Medien, betonte in seiner Eröffnungsrede die Wichtigkeit von Presse- und Meinungsfreiheit, gerade in einer Zeit, in der auch demokratische Regierungen Freiheiten einschränken könnten. Fachmedien hätten hier eine wichtige Rolle, um Meinungsvielfalt zu sichern und fundierte Informationen zu liefern. Knapp stellte die Kampagne „Wir Sind Fachmedien“ vor, die mit dem Claim „Weil Wissen erfolgreich macht“ das Ziel verfolgt, die Bedeutung von Fachmedien stärker ins Bewusstsein zu rücken. Er hob hervor, wie wichtig es sei, Fachinformationen für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zu liefern und den Zugang zu Wissen und Innovation zu sichern. Fachmedien hätten eine wichtige Rolle in einer sich verändernden Welt. Knapp unterstrich zudem die Herausforderungen der Transformation und die Notwenigkeit der Anpassung von Geschäftsmodellen bei den Fachmedienanbietern.
Auch wenn die Medienbranche aktuell vor Herausforderungen steht, blickt Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und Verlegerin beim Verlag Hermann Schmidt, auch optimistisch in die Zukunft: So verwies Sie auf die Buchmessen in Leipzig und Frankfurt, wo viele junge Menschen Schlange standen – für ein Medium, das oft als alt bezeichnet werde, nämlich das Buch. Anhand der Erfahrungen zeige sich, , dass das Buch auch heute noch sehr lebendig sei. Diese Lebendigkeit spiegele sich auch in den steigenden Ausbildungszahlen der Buchbranche wider. Zudem unterstrich Schmidt-Friderichs den Stellenwert des Buches für die Demokratie. So habe Meinungsfreiheit sehr viel mit Meinungsvielfalt zu tun und diese sei im Buchmarkt gegeben.
Auch Philipp Welte, Vorstandsvorsitzender MVFP Medienverband der freien Presse und Vorstand bei Hubert Burda Media, gab sich optimistisch, weil die Branche sehr lebendig und unabhängig sei. Er wisse, dass über 80 Prozent der Menschen in Deutschland überzeugt seien, dass Inhalte der Medien eine hohe Relevanz für die Stabilität der Demokratie, die Wirtschaft und die Wissenschaft habe. Die Menschen glaubten an an die Arbeit der Branche und das gebe ihm Zuversicht. Kritisch sieht Welte, wie die Verlage zunehmend die Entscheidungsgewalt und Kontrolle über die Verbreitung redaktioneller Inhalte verlören und stattdessen der Willkür von drei bis vier Technologiekonzernen ausgeliefert seien. Es sei notwendig, gemeinsam die Politik davon zu überzeugen, welche Relevanz die Arbeit der Fachmedien für die Zukunft des Landes habe. Dies könne nur mit dem Geist der Gemeinschaft gelingen.
Premiumstrategien als Umsatz- und Rendite-Booster
Die Fachmedienbranche ist lebendig. Erfolgreiche Unternehmen hinterfragen Geschäftsmodelle und entwickeln sie weiter. In seiner Keynote stellte Richard O'Connor, CEO von B2B Marketing/Propolis dar, wie er aus einem Fachverlag mit Propolis eine erfolgreiche abonnement-basierte Premium-Unternehmens-Community entwickelt hat. Das Fachmagazin B2B-Marketing wurde 2004 als erstes rein auf den B2B-Bereich spezialisiertes Marketingmagazin in Großbritannien gelauncht. Hieraus entwickelte sich ein erfolgreicher Fachverlag, dessen Erlösquellen neben dem Magazin auch Events und Trainings waren. Die Corona-Pandemie stürzte den Verlag in eine existenzielle Krise. Man stand vor der Frage: „reinvent or die“. Die Antwort: reinvent! Das Unternehmen launchte basierend auf intensiver Marktforschung zunächst eine Community-Plattform (Propolis 1.0) und entwickelte diese kontinuierlich zu einem Ökosystem (Propolis 3.0) weiter. Dieses fasst heute umfangreichen Content, Veranstaltungen, Preisverleihungen sowie Trainings, Experten-Beratung und Coachings in einem Leistungspaket zusammen. Der Jahrespreis für eine Propolis-Mitgliedschaft liegt zwischen 27.500 und 73.500 britische Pfund. Die mutige Transformation hin zu einer Premium-Community hat B2B-Marketing gerettet und erfolgreich gemacht.
Ein weiteres, erfolgreiches Premium-Konzept stellte Dr. Sebastian Voigt, Partner und Co-CEO bei hy – the Axel Springer Consulting Group, vor. Er zeigte auf wie Fachmedienunternehmen mit Briefing-Formaten erfolgreich das Premium-Segment erschließen können. Briefings sind digitale Publikationen im E-Mail-Format, die sich durch exklusive und kuratierte Inhalte, klare Zielgruppenorientierung, hohe Informationsdichte und Kompaktheit mit starkem Fokus auf die wichtigsten, zeitkritischen Informationen auszeichnen. Der Preis definiert sich über den erzielten Mehrwert der Informationen für die Leser:innen und Nutzer:innen und nicht über den Umfang. Beispiele erfolgreicher Briefings sind Politico, Table-Briefings, Tagesspiegel-Background und The Pioneer. Die Abonnementpreise liegen zwischen 25 Euro und 200 Euro pro Monat und können bis hin in den fünfstelligen Bereich gehen, je nachdem, ob Privatpersonen oder Unternehmen die Dienste kaufen
KI: Unterstützung und Herausforderung zu gleich
Kunden sind bereit, für hohe redaktionelle Qualität auch angemessene Preise zu bezahlen. Kirsten Ludowig, stellvertretende Chefredakteurin des Handelsblatts, präsentierte die durch KI unterstützte digitale Transformation des Handelsblatts. 80 Prozent der Abonnements des Handelsblatts seien mittlerweile Digitalabos. Die künstliche Intelligenz sorge hier dafür, dass die redaktionelle Qualität gesteigert wird, indem Redakteur:innen bei Routinetätigkeiten entlastet werden. Es bleiben mehr Kapazitäten für klassische journalistische Aufgaben wie Recherche, Netzwerken und den Aufbau von Kontakten. Diese Strategie führte dazu, dass die Handelsblatt-Redaktion in kurzer Zeit vier aufmerksamkeitsstarke Investigativ-Reportagen launchen konnte.
Auch Alexander Graff, Head of Corporate Business bei Schweitzer Fachinformationen, stellte den Nutzen von KI dar. Dabei betonte er auch, dass KI nicht die Fachinformationen ersetze, sondern ihre Form und Zugänglichkeit grundlegend verändere.
Marco Parrillo, CEO der Ebner Media Group, stellte den Kongressteilnehmer:innen verschiedene KI-Instrumente vor. Er verwies aber auch auf Risiken des durch KI erzeugten schnellen Wandels. So erzielte die Ebner Media Group 2025 zum ersten Mal mehr Umsatz mit Aktivitäten, die eigentlich kein originäres Publishing mehr sind. Er sieht einen erheblichen Umbruch in der Branche bei weiter sinkenden Erlösen im klassischen Anzeigengeschäft. Verlage sollten sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren: das Erstellen von wertvollen Inhalten. Natürlich könne die Nutzung von KI innerhalb des Unternehmens zu Herausforderungen in Kommunikation und Zusammenarbeit führen. Es habe sich aber gleichzeitig auch gezeigt, dass Mitarbeiter, die sich intensiv mit KI befassen, deutlich besser performen als Ihre Kolleg:innen ohne KI-Einsatz.
Transformationsprozesse aktiv gestalten
Der Wandel in der Medienbranche ist allgegenwärtig. Das Leser:innen- und Nutzer:innenverhalten wandelt sich – und KI beschleunigt diese Prozesse. Unternehmen die diesen Wandel aktiv gestalten sind erfolgreich. Wie Familienunternehmen diesen Transformationsprozess angehen, diskutierten die drei Unternehmensnachfolgerinnen Katharina Backhaus, Geschäftsleitung für den Geschäftsbereich Marketing & Media Sales bei RM Rudolf Müller Mediengruppe, Joana Hauff, Chief Transformation Officer bei der Thieme Group und Johanna Heise, CEO heise ventures & Head of Brand & Culture bei der heise media group. Sie stehen für eine neue Generation in der Medienbranche, die die Weiterentwicklung ihrer Familienunternehmen vorantreiben. Katharina Backhaus führte aus, dass es für ein Familienmitglied bisweilen einfacher sei Dinge anzustoßen und ganz neu zu denken als für einen externen Geschäftsführer. Joanna Hauff betonte ebenfalls die Notwenigkeit des Wandels und ihren Fokus auf digitale Lösungen. Man dürfe jedoch Mitarbeitende nicht überfordern, sondern müsse sehr integrativ agieren und alle Mitarbeitenden mitnehmen. Johanna Heise setzte den Schwerpunkt auf das Thema Branding und Entwicklung der Marke.
Erfolgreiches Rebranding
Nicht nur für Familienunternehmen gilt: Eine Marke steht für viel mehr als nur ein Logo oder einen Namen – sie ist ein Versprechen an die Kundinnen und Kunden und dient als Identifikationsmerkmal. Eine Marke vermittelt Werte, Vertrauen, Qualität und Image. Annika Westera, Teamleitung strategisches Marketing bei DIN Media, zeigte auf, wie das Rebranding eines Traditionsverlags erfolgreich gestaltet wurde.
Zum 100-jährigen Bestehen wurde aus dem Beuth Verlag DIN Media, ein multimedialer Content- und Datenanbieter. Das erfolgreiche Rebranding basierte dabei auf einer klar strukturierten und interdisziplinären Projektorganisation. Schon früh wurde die Namensfindung strategisch angegangen, mit einem umfassenden Markenworkshop, der Kernwerte, Markenarchitektur und internationale Anforderungen berücksichtigte. Ein zentraler Steuerungskreis sorgte für die Koordination. Maßnahmen wie eine interaktive Kampagne, Austauschformate, Q&A-Bereiche, Workshops und eine Mitarbeiterparty sicherten die Umsetzung und stärkten die Identifikation. Das Projektteam setzte auf aktives Zuhören und eine partizipative Kommunikation, um Akzeptanz und Begeisterung für die neue Marke zu schaffen.
Mut zu entscheiden und einfach zu machen
Es braucht Mut, um bei einem Traditionshaus mit einem bekannten Namen ein Rebranding durchzuführen, bei dem am Ende eine neue Marke steht. Auch bei der F*ckup-Session ging es letzten Endes um Mut. Den Mut zu entscheiden,den Mut etwas einfach zu machen und den Mut zu scheitern – und die richtigen Schlüsse hieraus zu ziehen.
Steven Rau, Geschäftsführer von DTAD, verdeutlichte am Beispiel einer Softwarelösung, wie das schnelle Entscheiden für ein Tool nicht nur Ressourcen schonte – etwa durch Vermeidung langwieriger Diskussionen –, sondern aus dem Prozess schließlich auch zwei Topexperten für die neue Software hervorgegangen waren. Matthias Bauer, CEO der Vogel Communications Group, stellte die Vogel-Investitionen im Start-up-Bereich vor, die nicht immer erfolgreich waren. Eine Beteiligung jedoch entwickelte sich so gut, dass damit auch die Fehlinvestitionen wieder mehr als ausgeglichen werden konnten. Der Mut zu investieren habe sich ausgezahlt. Mut für das Durchhalten bewies auch Janosch Herzig, Geschäftsführer der Bibliomed Medizinische Verlagsgesellschaft, als sein Unternehmen eine E-Learning-Lösung für die professionelle Pflege im Krankenhaus launchte und damit zunächst scheiterte. Daraufhin wurde intensiv am Produkt gearbeitet sowie das Verhalten und die Kriterien der Einkaufsentscheider genau analysiert. Das Nachjustieren sorgte dann doch noch für die erfolgreiche Einführung eines optimierten Produkts in diesem Segment.
Die Gründer von MorningCrunch, Gregor Becker und Paul Ostwald, waren mutig als sie MorningCrunch zunächst als Feierabendprojekt gründeten. Jetzt sind die Crunch-Briefings eine Erfolgsgeschichte, wie Paul Ostwald ausführte. In weniger als einem Jahr gewann das MorningCrunch-Newsletter-Portfolio über 100.000 Young Professionals als Leser:innen und ist damit einer der erfolgreichsten B2B-Newsletter-Neustarter in Deutschland.
Die Beispiele und Insights aus den verschieden Unternehmen zeigten bei den B2B Media Days 2025 deutlich: Die Fachmedienbranche steht vor großen Herausforderungen. Doch wer mit Mut die Transformation gestaltet, Geschäftsmodelle weiterentwickelt, auf Qualität und Innovation setzt und seine Zielgruppen konsequent adressiert, wird auch in Zukunft erfolgreich sein.
Frank Toscha







